Konzert im Live Music Archiv:
http://www.archive.org/details/bc2004-04-19.flac16
Honeyspiders in Chicago Town, Part II: METRO DAY
...den Sonntag verbrachten wir aufgrund des tollen Wetters überwiegend an der Gold Coast, d.h. an den Beaches und in den Parks.
So konnten wir uns nach den unbeschreiblichen Erlebnissen am Vorabend zumindest bis zu den Knöcheln im Lake Michigan abkühlen.
Das Straßenbild Chicagos wurde in diesen Tagen überwiegend durch Shirts, sonnenverbrannte Dekolletés, kurze Hosen und Flip-Flops
bestimmt. Straßenmusiker hier und da und auch Ghostchildren waren allgegenwärtig. Uns liefen zwar keine Psychonauten, Kyrls, Rigs,
usw... über den Weg, es landeten auf unseren Klamotten aber jede Menge Junebugs... und Tearstains gab es ja am Abend vorher schon...
…nach einem abermals umwerfenden yummy Breakfast in unserem Stammcafe machten wir uns am Montag (dem Metro Day) mit nem Cab so gegen Noon zur ersten Observation zur Metro auf. Wir ließen den Taxidriver schon vor dem Wrigley Field anhalten (und zwar genau unter dem roten Schild „Wrigley Field, Home of Chicago Cubs“ ), da wir hier auch schon ein paar Fotos schießen wollten. Hier war echt die Hölle los, denn es begann gerade ein Game gegen die Reds aus Cincinatti (was die Cubbies übrigens mit 8-1 gewannen ). Obwohl wir nicht drinnen waren, war es echt mal interessant mitzuerleben, was bei einem MLB-Spiel so los ist. Mehrere Blöcke der Clark St waren durch mobile Fan-Artikel-Shops zugepflastert und jede Menge „Scalpers“ machten die Straßen drum herum unsicher. Nach ein paar Pics vom Ballpark liefen wir dann zur Metro hoch um dort Fotos vom berühmten Metro-Sign über dem Eingang zu machen. Drauf stand „METRO – BILLY CORGAN – SOLD OUT“. Phew, was für ein Anblick, dachten wir uns. Kurz vor der Metro fragte uns ein Waiter aus einer Kneipe heraus ob wir auf dem Weg zur Metro sind, und ob wir Tickets für die Billy Corgan Show haben. Als wir das mit einem strahlenden „YEAH“ beantworteten, sagte er „Oh, you’re one of the lucky ones...!“.
An der Metro angekommen trafen wir auch gleich auf ein paar bekannte Gesichter, darunter David-James und ein paar Leute und Kameramänner die wir von der Saturday-Session kannten. Mit 4-5 Leuten vom Metro-Team kamen wir dann super ins Gespräch, die sind echt alle so was von cool und nett. Wir talkten fast ne Stunde lang. Sie erzählten uns, dass ein paar Freaks am Tag vorher noch in der Smart Bar durchgehalten hatten um sich dann um vier Uhr früh nach Bar-Schließung gleich für Billy’s Show anzustellen. Morgens bei Tagesanbruch waren es dann schon mehrere Leute die anstanden... Einige Zeit später tauchte dann auch Joe Shanahan auf und kam mit ausgebreiteten Armen auf uns zu, und begrüßte uns mit einem „Welcome“. Joe war echt so was von nett und fragte uns auch ziemlich interessiert ne Menge Sachen zu unserem Chicago-Trip. Er holte sich dann zwei Buildings weiter sein Lunch und bevor er wieder hochging meinte er noch ob wir unsere Tix gleich haben wollen, so dass wir uns am Abend nicht am Will Call Window anstellen müssen. Und so hatten wir sie kurze Zeit später schon. Dann machten wir uns auf den Rückweg an die Gold Coast, um noch ein paar Sachen ins Hotel zurückzubringen , uns für die Show frisch zu machen und natürlich um kurz online zu gehen und einen unserer Ghostchildren-Zwischenreports abzugeben...
Gegen fünf gab’s den nächsten Ride in die Clark St. Die Taxifahrt war ziemlich unterhaltsam, was vor allem am afroamerikanischen Driver lag. Er machte uns unmissverständlich klar, dass ihm, seit er in den 80er Jahren in Deutschland lebte, die Herren Rummenigge und Schuster heute noch mehr bedeuten als seine Frau... ...wir erzählten ihm, das Rudi Völler alias „Rudi the Striker“ nun Trainer der deutschen Nationalmannschaft sei, worauf er gleich ne Gänsehaut vor lauter Freude bekam...lol.
Vor der Metro angekommen, machten wir uns dann auf den Weg das Ende der Schlange abzulaufen. Ein paar Blocks weiter erreichten wir es. Wenige Minuten später erschien Shanté, mit der wir uns verabredet hatten. Ziemlich lustig war, dass sie fast jeden zweiten kannte, und gar nicht damit fertig wurde, die ganze Schlange abzuklappern um jeden zu begrüßen... Es dauerte nicht lange bis wir feststellten, dass nun schon so viele anstanden, dass wir mittlerweile im vorderen Drittel der Schlange waren . Während des Anstehens überwachten immer wieder Metro Securities die Schlange und gaben ein paar allgemeine Infos an die Fans weiter. So zum Beispiel dass jegliche Fotokameras, Aufnahme- oder Tonbandgeräte absolut verboten seien. Man sollte auch bitte gar nicht erst versuchen welche reinzuschmuggeln... Sie gaben auch noch bekannt, dass eben die ganze Show für die DVD gefilmt wird und man währen der Songs bitte nicht irgendwelchen Quatsch wie „Hey Billy, Cherub Rock!“ reinrufen sollte... Als um ca. 7pm mit dem Einlass begonnen wurde, verging gar nicht so viel Zeit bis wir den Eingang erreichten. Man wurde dann auch ziemlich gründlich durchsucht. Beim Ticketabreißen bekam jeder Gast eines der Lyric-Booklets mit der Aufschrift „BILLY CORGAN, „CHICAGO“, APRIL 19 2004, METRO“ ausgehändigt. An der Garderobe konnten wir dann eines der auf 400 Pieces limitierten Poster Prints „One Night… One Show… a Performance of Chicago, BILLY CORGAN, METRO, April 19 2004, The First Solo Concert Performance” ergattern. Leider hatten wir aufgrund der vielen Cab rides nicht mehr so viel Cash, sonst hätten wir gleich mehrere gekauft (for special friends of course, not for eBay). Dann suchten wir uns auch schon einen Platz mit guter Sicht auf die Bühne (wo hat man den in der Metro nicht?) und wurden auf dem Balkon genau in der Mitte fündig. Zuerst standen da ein paar Jungs aus Milwaukee und ein Boy aus Chicago. Er erzählte uns, er habe Billy schon unzählige Male in der Metro gesehen. Ganz bedeutend war für ihn die 3-Tages-Show 1993. Als wir ihm unsere Story erzählten machte er sofort Platz und ließ uns direkt an das Geländer mit den Worten „You Guys travelled such a long way...“. So hatten wir also einen erstklassigen Blick auf die Bühne...und Billy brauchte auch nur 2:58 min, bis er uns entdeckte... An den Seiten auf dem Balcony waren Sitzplätze für Families, Guests und special Friends reserviert. Hier saßen dann während der Show z.B. Jimmy mit Frau und Joe S.
Die Bühne war sehr „wohnlich“ ausgestattet. Der große bunte Teppich, der hölzerne Notenständer und Billy’s tiefroter Wohnzimmersessel (aus den Recording Sessions bereits bekannt) bildeten das Zentrum der Bühne. In dem Sessel saß ein Panda-Teddybär oder so was in der Art, der schon ziemlich „antik“ aussah. Weitere stimmungsvolle Deko-Elemente waren ein Vogelkäfig mit „Casper dem Geist“ drinnen, Kerzenständer, das Schiff des Columbus, welches auf einem kleinen Tisch stand, zwei Laternen und ein Gemälde. Natürlich gab es auch lots of Microphones... Der Hintergrund der Bühne stellte einen nächtlichen Sternenhimmel dar, der ständig seine Farben änderte, und auch der Boden war mit silbernen Flittern übersät, die das dezente Licht wiedergaben.
Dann begann die Show:
Als Billy die Bühne betrat gab es natürlich minutenlang anhaltenden donnernden Applaus. Nachdem dieser langsam abklang,
herrschte auch hier, ähnlich wie bei der Church Session, eine fast unheimliche Stille, was aufgrund der Aufnahme ja auch
erforderlich war. Billy ließ sich in seinem samtroten Chair nieder, faltete seine Hände zu einem kurzen Prayer und ließ sich
die erste Gitarre bringen. Der erste Song war das unglaublich gefühlszerreißende „The World’s Fair“...
Hier die komplette Setlist:
“Friends as Lovers” sagte Billy mit den Worten “Are there any lovers in the house?” an. Da nur wenig Reaktion kam, meinte er “That's pretty sad, if that’s all the lovers in the house.” und lachte. Ein Fan rief dann “Broken Lover”, worauf Billy “That’s good, that reminds me what the song is about” antwortete. Als dann ein bemitleidendes Raunen durch das Publikum ging, versteckte Billy zuerst sein Gesicht hinter seinen Händen, und dann sich selbst hinter der Gitarre. Das darauf folgende “Billy I love you” von einem Fan, beantwortete er mit “You love me but you have not loved me, those are two different things. If you love me, I might write one of these sad songs about you too”.
Bei “Black Sox”, den Song über die Chicago Cubs, wurde das Publikum sogar von Billy aufgefordert mitzusingen, und zwar den überaus schwierigen Part “Ah-Oh” ... *lol* Als Billy das mit dem “Ah-Oh” erklärte, schrie jemand “Pajo!”, worauf Billy lachend mit “No! Not Pajo!” antwortete. Was er von den White Sox hält, beschrieb er mit den Worten “I do love the Sox. The Sox remind me of one of those uncles who comes over for Christmas and gets too drunk, but I love them anyway...”.
Für “Bobby Franks” holte Billy einen long haired, Native American - looking friend namens Robert aus New Mexico zu sich auf die Bühne, der mit seinen ebenso native looking Flöten ne ziemliche Show abzog. Es war teils mystisch und entspannend am Anfang und Billy lehnte sich wie in Meditierhaltung in seinem Sessel zurück. Dann kamen aber immer mehr Steigerungen, die nun doch “ans Eingemachte” gingen, und wir waren froh als Billy anfing ihn mit der Gitarre zu begleiten.
Zwischen den Songs gab es dann wie bei den Recording Sessions immer wieder etwas Talking. Billy versuchte die Zurufe und Questions aus dem Publikum auf humorvolle Art und Weise zu beantworten. Wie z.B. antwortete er auf “What’s your address?”, dass er gleich an der Ecke Division/Halsted wohnt, “You’ll see me at Dunkin’ Donuts”. “Riverview” begann er mit den einleitenden Worten “In 1967, the year that I was born...” und das musste er aus verschiedenen Gründen mehrere Male wiederholen. Auf jeden Fall entwickelte sich ein running gag daraus. Wenn Billy sagte “In the year...” schrie das ganze Publikum “1967!!!” However, eigentlich wollte Billy nur erklären wie der Song “Riverview” entstanden ist, was er dann letztendlich auch noch fertig brachte.
Zu “El-A-Noy” brauchen wir ja keine Worte mehr verlieren...
Wie wir in einem unserer Vor-Ort-Berichte schon geschrieben haben, begrüsste Billy während der Show Jimmy mit den Worten “My Best Friend, Brother and Soulmate”. Als er dann noch verlauten ließ, dass die beiden wieder zusammen rocken werden, und zwar “Twice as hard” kochte die Stimmung total über. Billy sagte noch, dass sein Solo Album ein “Alternative” und “Rock Album” werden wird.
Bei “For your love” brach im Publikum riesen Freude aus, weil den Song ja jeder kannte... Leider musste Billy den Song abbrechen, weil er seine Guitar wieder einmal total “out of tune” bekam. Er versuchte zwar noch Nachzustimmen, hatte dann aber keine Lust mehr weil es einfach zu krass war (remember: am Samstag ließ der Guitar Tech während der Aufnahme die Chipstüte fallen, und brachte Billy ebenfalls des öfteren schlecht gestimmte Gitarren). Er legte die Gitarre zur Seite, lehnte sich in seinen Sessel zurück, und meinte “O.k., let’s talk”.
Es war echt eine total lustige Stimmung, auf die dann aber doch noch eine traurige Nachricht folgte. Auf den Zuruf aus dem Publikum, wann Billy auf Tour geht, antwortete er, dass derzeit keine Tourpläne existieren – worauf dann der Zuruf “Ok, Metro every Monday” folgte, was Billy dann auch ziemlich amüsiert hin nahm.
Musiktechnisch ist noch zu erwähnen, dass Billly alle Songs rein mit Fingerpicking, also zupfend, performte. Da durch diese Art beim Gitarrespielen keine große Lautstärke entsteht, war dies ein weiterer Grund fürs leise sein während der Show.
Der Applaus und Enthusiasmus verstimmte auch nach der zweiten Zugabe nicht gleich, auch als dann klar war, dass es keine dritte mehr geben wird. Erst nach einiger Zeit begaben sich die ersten nach unten. Wir ließen wohl das ganze Bild noch längere Zeit auf uns wirken, bevor auch wir uns aufmachten. Auf halbem Weg downstairs trafen wir dann wieder einmal auf David-James, der wissen wollte, wo wir jetzt noch feiern gehen... Wir dachten schon, jetzt kommt der nächste Tip für nen Industrial Club, doch auf unsere Antwort, dass wir noch nichts konkretes geplant hätten, packte er uns an den Armen und führte uns in die Smart Bar hinunter. Unten angekommen stellten wir fest, dass hier bereits eine ziemlich geile Stimmung herrschte, die von lauter Musik alá Pixies, Radiohead,...etc. begleitet wurde. Sekunden später kam uns Shanté entgegen und führte uns zu einer kleinen Gruppe Leute, die sie uns dann vorstellte. Die Gruppe bestand aus: Fysche, Vespy, Julie (Freundin von Tearstain und Bassistin in Linda Strawberry’s Band), der Mann der das Adore-Movie drehte und natürlich Shanté. Ein paar Drinks und etlichen Smalltalks später, wurden dann einige dieser Gruppe ziemlich hungrig, und so beschlossen alle noch was essen zu gehen, und zwar ins legendäre “Golden Nugget“. Dieses lag auch auf der Clark St auf halbem Weg zwischen Downtown und Metro. Bereits die Fahrt dorthin war ziemlich “amusing”... Dort angekommen stellte sich heraus, dass es sich um ein absolut typical American 24h Restaurant handelte. Nachdem wir mehrere Minuten die Karte studierten, war uns Vegetariern klar, dass es keine Bestellung ohne Sonderwünsche geben wird. Als Fysche dann noch nach Soymilk fragte, kam von der Mam nur ein “NO! We’re a Pancake House! It’s fat in here...!” O.k., wir schafften es dann zumindest, was ohne Fleisch zu ordern und so wurde letztendlich auch jeder satt...
Langsam kam zu unserer Glückstrunkenheit Müdigkeit hinzu, und so begaben wir uns nach draußen auf die mittlerweile leergefegte Clark St. Wir verabschiedeten uns von den Chicago People und winkten uns das nächste Cab heran. Andere Fahrzeuge waren um diese Zeit nicht mehr unterwegs, da es schon ziemlich spät bzw. früh war.
So ging die letzte Nacht unseres erlebnisreichen Chicago Trips mit der Frage zu Ende, wie lange es wohl dauern wird, bis wir das was uns in den letzten sechs Tagen wiederfahren ist, so richtig wahrnehmen und begreifen können...